Immer häufiger stoße ich in letzter Zeit auf den Terminus „Agroforstsystem“ im Bereich der Landwirtschaft. Das möchte ich mir in diesem Blog-Beitrag genauer ansehen. Es geht dabei im Wesentlichen um die Wiederbelebung einer altbekannten Landnutzungsform, nämlich Acker- oder Grünlandflächen mit Bäumen oder Büschen zu kombinieren. Jede Streuobstwiese ist also ein Agroforstsystem, und damit kenne ich mich ein wenig aus, denn seit einigen Jahren bin ich in die Nutzung und Pflege einer großen und alten Streuobstwiese über unseren Verein Solawi Bayreuth e.V. eingebunden (s.a. Blogbeitrag „1 Million Bäume“).
In unserem konkreten Fall liegt Grünland unter den Bäumen, dass von einer gemischten Schaf- und Ziegenherde beweidet wird – besonders bei vorliegender Hanglage eine gute Option. Die Weide „wandert“ im Laufe des Jahres nach einem Beweidungsplan, im Übrigen wird einmal im Sommer auf den großen Freiflächen gemäht und Winterfutter eingelagert. Kot und Urin der Tiere düngen den Boden, die Bäume bieten Schatten und (Wind-) Schutz oder Futter, denn erreichbare Triebe und Blätter werden mitgefressen. Geflügelhaltung z.B. im Hühnermobil wäre auch denkbar, würde aber einen zusätzlichen Arbeitsaufwand darstellen.
Die Obstbäume – überwiegend Apfel, aber auch Birne, Zwetschge, Kirsche und Walnuss, sind überaltert. Es gibt einiges Totholz, reichlich Nisthöhlen, eine hohe Biodiversität an Pflanzen und Insekten. Wir haben inzwischen zwei Jungpflanzungen durchgeführt mit insgesamt etwa 50 Bäumen. Die Baumsorten sind für diesen Standort mit seinen spezifischen Bedingungen ausgewählt, aber auch unter dem Aspekt der Klimaresilienz, d.h. wie gut die Baumart mit den sich verändernden klimatischen Bedingungen zurecht kommen wird. Die Esskastanie beispielsweise wurde auf „unserer“ Wiese gepflanzt, weil wir uns erhoffen, dass diese Baumart in Zukunft gut klarkommt mit Dürreperioden und anderen Herausforderungen.
Ich habe eine Himbeerhecke angelegt an einer Stelle mit besonders gutem, fruchtbaren Boden, weitere Beerensträucher sind denkbar. Hier kommt es natürlich zu Verbiss durch Rehwild, dagegen helfen naturnahe Hindernisse aus Astschnitt. Die Vorteile eines Agroforstsystems aus ökologischer und ökonomischer Sicht wären:
- Hohe Biodiversität
- Schutz des Grundwassers und Erosionsschutz
- Geförderter Humusaufbau
- Besseres Mikroklima
- Vielfältige Ertragschancen
- Keine Verluste im Vergleich mit anderen Flächennutzungssystemen
- Größere Resilienz in der Klimakrise
Natürlich macht es auch für uns Menschen mehr Sinn und Spass, uns in dieser lebendigen und bunten Landschaft aufzuhalten, ob nun zur Arbeit oder zum Vergnügen. Früher waren solche gemischten und gegliederten Flächen weiter verbreitet, jetzt wird diese Flächennutzungsform wiederentdeckt, weil sie so viele Vorteile mit sich bringt und unseren Bedürfnissen als Lebensraum mehr entspricht als große, eintönige Äcker oder leere Wiesen. Auch im Freigarten Stein soll es daher noch in diesem Herbst eine Neupflanzung von Jungbäumen geben, geplant ist der 2. November, Hilfe ist Willkommen! Ich jedenfalls liebe unsere Streuobstwiese im Grenztal bei Obernsees, es ist ein sehr friedliches, heiles Stück Natur für das ich sehr dankbar bin.