Vor wenigen Tagen, bei einem spontanen Besuch draussen in Stein an den landwirtschaftlichen Flächen, äusserte sich ein Ernteteiler enttäuscht über den aktuellen Zustand: Der Boden nur ansatzweise zur Bepflanzung vorbereitet, keine Kulturen zu sehen, in den Kisten Ware aus dem Großhandel. Was ist denn da los? Zunächst einmal bedeutet Ent-Täuschung den Verlust einer Illusion. Über die wahren Umstände und tagtäglichen Realitäten im Team vom Freigarten soll es hier gehen. Mit dem parallelen Betrieb von Solawi (Landwirtschaft) und Handelsunternehmen (Ökokisten-Lieferservice) versuchen wir die Quadratur des Kreises. Jeden Tag versuchen wir den unterschiedlichen Ansprüchen so gut es geht gerecht zu werden. Wie Sisyphos wälzen wir den großen Felsbrocken bergauf. Wem das zu pathetisch klingt der kann ja mal zum Praktikum kommen.
„Und weiter sah ich den Sisyphos in gewaltigen Schmerzen: wie er mit beiden Armen einen Felsblock, einen ungeheuren, fortschaffen wollte. Ja, und mit Händen und Füßen stemmend, stieß er den Block hinauf auf einen Hügel. Doch wenn er ihn über die Kuppe werfen wollte, so drehte ihn das Übergewicht zurück: von neuem rollte dann der Block, der schamlose, ins Feld hinunter. Er aber stieß ihn immer wieder zurück, sich anspannend, und es rann der Schweiß ihm von den Gliedern, und der Staub erhob sich über sein Haupt hinaus.“
Was aber sind die konkreten Gründe dafür das wir draussen in Stein nicht weiter sind mit dem Anbau?
- Chronische Unterfinanzierung, dadurch u.a. Personalmangel.
- Mehrere Baustellen sind gleichzeitig zu balancieren
- Herausfordernde Wetterbedingungen
- Wenig Support aus der Gemeinschaft, Einzelkämpfer
Ich hatte jetzt für 4 Monate das Vergnügen – das meine ich ganz ohne Ironie- im Freigarten-Team mit zu arbeiten. So habe ich intimen Einblick genossen in die Herausforderungen, denen sich das kleine Team täglich stellt. Der Handelsbetrieb erfordert sehr viel regelmäßige Aufmerksamkeit, finanziert aber den landwirtschaftlichen Betrieb quer mit, ist also wirtschaftlich notwendig. Um es ganz klar zu sagen: Eine kleine Solawi wie die in Stein würde ohne die Unterstützung des Handelsbetriebs Freigarten KG nicht funktionieren. Der notwendige Jahresbeitrag zur Deckung des Budgets wäre so hoch das keiner mitmachen würde.
Was können wir also gemeinsam tun um die Verhältnisse nachhaltig zu stärken und zu stabilisieren? Aus meiner Sicht gibt es eine naheliegende Lösung: Eine enge Kooperation mit dem Verein Solawi Bayreuth e.V.
Als gemeinnütziger Verein können Förderungen beantragt werden, der Verein pflegt die große Streuobstwiese in Obernsees und bietet den Baustein „Obst/Beeren/Nüsse“ an. Der Verein hat etwa 60 Mitglieder und es gibt bereits eine Schnittmenge mit der Ernteteilergemeinschaft, d.h. Menschen, die sowohl im Verein als auch in der Solawi Stein aktiv sind. Der Verein hätte mit der KG Freigarten einen direkten Marktzugang, z.B. für veredelte Produkte.
Ich bitte die Qualität meiner Skizze zu entschuldigen. Im Moment arbeitet der Verein wie auch der Freigarten nebeneinander her an Ihren Projekten. Wichtig wäre die Einsicht das wir unbedingt unsere tragenden Strukturen verbreitern und stärken müssen. Ich möchte nicht erleben das nach Phillip Minier auch noch die letzte Solawi in Bayreuth aufgelöst werden muss. Wenn Du also bereits im Verein bist aber keinen Ernteanteil gezeichnet hast, bittet überleg mal ob das nicht möglich/sinnvoll für Dich wäre. Und wenn Du bereits ErnteteilerIn bist, überleg mal ob Du in den Verein kommst. Der Jahresbeitrag ist frei wählbar und wird mit 30 Euro/Jahr empfohlen, Fördermitglieder 120 Euro. Und für Stein sind Jungpflanzen bestellt, nächste Woche wird gepflanzt und wir werden wieder alles dafür tun, noch eine erfolgreiche Anbau-Saison zu erleben.
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